Die Optimierung der Stickstoff-Düngung in der Landwirtschaft ist sowohl in ökologischer als auch in ökonomischer Hinsicht dringend erforderlich. Bestehende Analyseverfahren und Rechenmodelle zur N-Düngung haben sich bislang nicht in ausreichendem Umfang in der Praxis durchsetzen können. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit werden zwei mathematische Modelle vorgestellt, die einen wichtigen Beitrag zur Optimierung der Stickstoffdüngung leisten können.
Die Verringerung der Probenahmetiefe der Nmin-Untersuchung von 90 auf 60 cm bringt neben einer erheblichen Arbeitserleichterung bei der Probenahme eine Kostenersparnis bei der Analyse. Die Düngeempfehlung nach der Nmin-Methode basiert aber auf der Kenntnis des Nmin-Gehaltes in 0 bis 90 cm. Als Lösung wurde ein Rechenverfahren entwickelt, mit dem der Nitratgehalt in 60 bis 90 cm Tiefe geschätzt werden kann.
Grundlage der Berechnung sind Ergebnisse von 1522 Nmin-Untersuchungen auf Praxisschlägen in Bayern über einen Zeitraum von 10 Jahren (1979-1988). Unter Berücksichtigung von Witterungsdaten, Standort und Produktionstechnik wurden mit Hilfe des Statistikprogrammpaketes SAS multiple Regressionsgleichungen errechnet. Das Ergebnis der Berechnung sind 24 Schätzgleichungen, die den Rahmen der üblichen Ackerfrüchte und den Probenahmezeitraum von Januar bis März abdecken.
Die Überprüfung der Schätzgleichungen anhand von 424 Nmin-Untersuchungen aus den Jahren 1988 und 1989 (Test außerhalb der Stichprobe) liefert einen mittleren absoluten Schätzfehler von 6,5 kg N/ha. Die mittlere Abweichung zwischen Meßwert und Schätzwert beträgt 0,3 kg N/ha. Ein Korrelationskoeffizient von 0,95 zwischen gemessenem und geschätztem Nmin-Wert bestätigt die Güte der Schätzgleichungen. Mit steigenden Nmin-Gehalten nimmt die Gefahr von Fehlschätzungen zu. Bei 97% der Untersuchungen liegt die absolute Abweichung unter 20 kg N/ha und damit im Bereich der Fehlergrenzen der Nmin-Methode.
Die in der vorliegenden Arbeit entwickelte Methode zur Verringerung der Probenahmetiefe der Nmin-Methode durch Schätzung des Nitrat-Gehalts in 60 bis 90 cm mittels multipler Regressionsgleichungen stellt eine brauchbare Möglichkeit dar, den Einsatz der Nmin-Methode in der Praxis zu steigern. Im Rahmen der DSK-Methode in Bayern wurde das Verfahren bereits in großem Umfang in der Düngeberatung eingesetzt.
Das Simulationsmodell N-SIM wurde mit der Zielvorstellung entwickelt, den mineralischen N-Gehalt im Frühjahr mit einer der Bodenuntersuchung vergleichbaren Genauigkeit zu simulieren. Daneben standen leichte Bedienbarkeit des Modells und Beschränkung auf leicht verfügbare Eingabedaten im Vordergrund.
Zentraler Bestandteil des Simulationsmodells ist ein einfaches Wassermodell, welches den Boden in Schichten definierter Mächtigkeit und Speicherfähigkeit einteilt. Im einzelnen werden Evaporation und Transpiration, Oberflächenabfluß, Versickerung und kapillarer Wasseraufstieg simuliert.
Hinsichtlich der N-Dynamik berücksichtigt das Modell N-SIM alle wichtigen Vorgänge wie Mineralisation, Immobilisation, Nitrifikation, Denitrifikation, mineralische und organische Düngung, sowie atmosphärische N-Einträge. Bestehende Ansätze zur Modellierung der einzelnen Teilbereiche aus der Literatur und der im Simulationsmodell verwendete Rechenansatz werden detailliert diskutiert und beschrieben. Die verwendeten Ansätze zur Simulation der N-Transformationen stammen zum Großteil von Godwin (1987). Sie wurden jedoch in zahlreichen Punkten verändert und angepaßt. Die Simulation von organischer Düngung und N-Deposition basiert auf eigenen Ansätzen, die aus Grundlagenuntersuchungen aus der Literatur abgeleitet wurden.
Das Wachstumsmodell für Winterweizen nach Ritchie et al. (1987) simuliert Biomassebildung und phänologische Entwicklung von Winterweizen, sowie Stickstoffaufnahme und -verteilung in den einzelnen Pflanzenorganen.
In einer Sensitivitätsanalyse wird die Reaktion des Modells auf die Veränderung wichtiger Eingabegrößen getestet. Bodenart und Wasserspeicherfähigkeit eines Standortes, sowie Restnitratgehalte nach der Ernte und Niederschläge erweisen sich als wichtige Einflußgrößen auf Denitrifikation und N-Auswaschung. Das Weizenwachstumsmodell reagiert sowohl hinsichtlich Biomassebildung als auch hinsichtlich Bestandesaufbau empfindlich auf Veränderungen von Saattermin und Witterung.
Die Erfassung der notwendigen Eingabedaten erfolgt über ein in Cobol programmiertes sehr benutzerfreundliches Erfassungsprogramm, das durch Verwendung von Window-Technik und Plausibilitätsprüfungen fehlerhafte Eingaben weitestgehend ausschließt. Durch Integration des Erfassungsprogramms in das Konzept der "Computerintegrierten Pflanzenproduktion" werden Mehrfacherfassung von Daten und redundante Datenspeicherung vermieden.
Die N-Simulation ist mit Hilfe der objektorientierten Programmierumgebung Smalltalk programmiert. Die Vorteile und Besonderheiten des objektorientierten Ansatzes gegenüber der prozeduralen Programmierung und die Gründe für die Auswahl von Smalltalk werden erläutert. Das Simulationsmodell verfügt durchgehend über eine graphische Benutzeroberfläche, die eine komfortable Bedienung mit der Maus ermöglicht. Neben simultaner graphischer Ergebnisdarstellung bietet das Modell zahlreiche graphische Auswertungen, die die Transparenz der Simulationsergebnisse erhöhen und eine weitergehende Interpretation erleichtern.
Die Validierung des Modells erfolgt für den Zeitraum von der Ernte bis zum Frühjahr durch Vergleich gemessener und simulierter Nitratverläufe auf ausgewählten Praxisschlägen. Anhand von Einzelbeispielen werden Stärken und Schwächen der N-Simulation herausgearbeitet. Auf Schlägen mit Winterweizen oder Winterbrache stimmen Simulation und Messung meist gut überein. Bei Wintergerste und Winterroggen wird der Stickstoff-Entzug leicht überschätzt. Nach Vorfrüchten mit später Ernte ist die Schätzgenauigkeit der Simulation aufgrund der kürzeren Simulationsdauer besser als nach Vorfrüchten mit früher Ernte.
Kurzfristige N-Immobilisationen sind meist auf Veränderungen der mikrobiellen Biomasse zurückzuführen und werden durch das Modell N-SIM nur unzureichend abgebildet. Auf grundwasserbeeinflußten Standorten können laterale Wasser- und Nährstoffflüsse auftreten, die vom Modell nicht erfaßt werden können. Schläge mit organischer Düngung können meistens mit ausreichender Genauigkeit simuliert werden. Die Unsicherheit bezüglich Nährstoffzusammensetzung und Höhe der auftretenden Ammoniakverluste kann jedoch im Einzelfall zu Abweichungen zwischen Simulation und Messung führen.
Der Meßwert bzw. Simulationswert im Frühjahr ist für die Ableitung einer Düngungsempfehlung nach der Nmin-Methode von besonderer Wichtigkeit. Die simulierten Nitratgehalte zeigen auf 154 untersuchten Winterweizen- oder Winterbracheschlägen eine sehr hoch signifikante Korrelation (r=0,93***) zu den Meßwerten im Frühjahr. Auf fast 90% der Schläge ist die Abweichung zwischen Messung und Simulation kleiner als 15 kg N/ha/90 cm. Die mittlere Abweichung zwischen gemessenem und simuliertem Wert beträgt 2,2 kg N/ha/90 cm, die mittlere absolute Abweichung 8,2 kg N/ha/90 cm. Bezogen auf die Einzelschichten wird der Nitratgehalt in der Schicht 0-30 cm besonders auf Sandböden meist unterschätzt, während in der mittleren Schicht (30-60 cm) eher zu hohe Nitratgehalte simuliert werden. Zur Erzielung einer befriedigenden Simulationsgenauigkeit kann auf eine Nitratuntersuchung nach der Ernte nicht verzichtet werden. Allerdings besteht die Möglichkeit, die Probenahmetiefe auf 30 cm zu verringern, da dies nur zu einer unwesentlichen Verschlechterung der Schätzgenauigkeit führt.
Auf Schlägen mit Winterweizen oder Winterbrache könnte N-SIM in der derzeitigen Form bereits testweise zur Simulation der N-Dynamik im Herbst und Winter eingesetzt werden.
Engel, Th., 1991. Entwicklung und Validierung eines Simulationsmodells zur Stickstoffdynamik in Boden und Pflanze mit Hilfe objektorientierter Programmierung. Dissertation Technische Universität München-Weihenstephan